Wer eine Kirche betritt, spürt intuitiv: das ist
ein geheiligter Raum, ausgesondert aus der Unruhe und Betriebsamkeit der
Straßen, den Zwecken von Kommerz und Konsum entzogen, geheiligt vielmehr,
zunächst durch die Konsekration, geheiligt aber auch durch die vielen Beter,
die hier verweilt haben, bittend, dankend, klagend, lobend. Geheiligt durch
unzählige Taufen, zahllose Beichten, Trauungen, Firmungen, geheiligt durch
Volksmissionen, Andachten, Prozessionen, Stillmessen und feierliche Hochämter.
Wer einen solchen Raum betritt, spürt, wie die Steine und Bilder all diese
Gebete über Jahrzehnte oder Jahrhunderte hinweg in sich quasi aufgesogen haben
und zugleich als Gebetsatmosphäre wieder ausströmen. Wer einen solchen Raum
betritt, spürt: Ich stehe nicht allein vor Gott, vor mir hat schon eine
unermessliche Schar von Betern vor Gott gestanden und gekniet, ich trete ein in
einen Raum des Gebetes, der mir vorgegeben ist, der mich umschließt und
umfängt, mein persönliches Beten trägt und begleitet.
Fiedrowicz