Aus einer Predigt Pater Joseph Kentenich´s, Milwaukee am 22.8.1965
… Da müssen wir zutiefst den Ausdruck „Weihe an das Unbefleckte Herz
der lieben Gottesmutter“ deuten. Was das heißt: Weihe? Sich hingeben,
ganz hingeben. Wir sollen uns also bemühen um die Ganzhingabe an das
Unbefleckte Herz der lieben Gottesmutter. Jedes Wort, was aus dem Munde
Gottes, auch aus dem Munde der lieben Gottesmutter kommt, hat ja doch
offensichtlich einen tiefen Sinn. Ganzhingabe an das Herz der lieben
Gottesmutter. Es besagt ein Doppeltes: Herz ist zunächst das Symbol für
die Liebe; sodann das Symbol für die ganze Persönlichkeit.
Symbol für die Liebe. Wir sollen uns also hingeben an die Liebe der
Gottesmutter; aber das müssen wir gleich hervorheben: an ihre Liebe zu
Gott und zu uns. Das setzt voraus, dass die Gottesmutter nicht nur einen
Kopf, nicht nur einen Willen, sondern ein Herz hat. Aufs Herz, auf die
Liebe kommt es an. Wir wollen uns der unermesslichen, hinreißenden Liebe
der Gottesmutter hingeben. Kindliche Liebe zum Vater, mütterliche Liebe
zu uns, bräutliche Liebe zum Heilande. Aber selbstlose, aus liebe
leidende, aus Liebe mitleidende Liebe. Das alles ein Symbol, ein
Spiegelbild der Liebe, die der Vater zu uns hat. Hingabe an die Liebe
der Gottesmutter zum Vater und zu uns als Symbol für die Liebe, die der
ewige Vater in unendlicher Weise uns zuwendet. Wenn ich mich ganz an die
Liebe hingebe, dann heißt das: Ich glaube an die unermessliche Liebe
der Gottesmutter zum Vater und zu uns, aber als Ausdruck und Sicherung
der Liebe des Vaters zu uns und als vorzügliches Mittel, um die Liebe
zum Vater in uns sicher zu stellen. Wenn die unendliche Liebe des
Vaters, die endlos warme, glühende Liebe der Gottesmutter zu uns im
Mittelpunkt unseres Lebens stehen, dann haben wir das richtige
Vaterbild, das richtige Mutterbild. Und antwortet unsere Natur. Liebe,
unermessliche Liebe. Wie haben die alten Römer gesagt? „Si vis amari,
ama! – Wenn du geliebt werden willst, dann liebe!“ Und Gott will geliebt
werden, aus unserem ganzen Herzen sollen wir ihn lieben. Und wie hat
der lebendige Gott uns geliebt? Wie hat er uns seine Liebe dokumentiert?
Er hat sie uns anschaulich gemacht durch die Liebe der Gottesmutter.
Weihe an ihr unbeflecktes Herz – Reformprogramm (oder Pastoralkonzept) der Gottesmutter
Dann verstehen wir: Die Weihe an das unbefleckte Herz der Gottesmutter
bedeutet eine vollständige Umwandlung des Individuums und der ganzen
menschlichen Gesellschaft. Darum hat der Teufel auch dieses schreckliche
Interesse daran, das Bild der Gottesmutter zu zerstören, das Bild der
Gottesmutter zu fälschen, wie das heute vielfach geschieht. Wir machen
nicht mit! Wie häufig haben auch wir uns hier oder in den anderen
Gemeinden dem Herzen der lieben Gottesmutter geschenkt! Das wiederholen
wir. Die Weihe ist die feierliche Schilderhebung der Liebe des
Unendlichen, der Liebe der lieben Gottesmutter zu uns; sie ist eine
feierliche Schilderhebung unserer warmen, aufrichtigen, kraftvollen
opferfreudigen Gegenliebe der Gottesmutter und dem ewigen Vatergott
gegenüber. Spüren wir, dass das ein Programm, ein Reformprogramm ersten
Ranges ist?
Aber ich bin noch nicht am Ende. Das Herz ist auch
Symbol der Persönlichkeit. Der Kern der Persönlichkeit, das ist nicht
der Wille, wie man vielfach meint oder sagt, das ist das Herz. Wem
sollen wir uns also schenken? Einer Persönlichkeit, keiner Idee. Das ist
die Tragik der heutigen katholischen Gelehrten in Deutschland: Sie
lehnen die Herz-Mariä-Liebe sowie die Herz-Jesu-Liebe ab. Weshalb? Angst
ist der Grund. Sie müssten sich gläubig einer Person beugen. Ideen, die
man zusammengetrommelt, zu einem System zusammengeleimt hat, denen kann
ich mich beugen. Aber mich einer Persönlichkeit hingeben, das ist
schwer. Es ist ja die Tragik der heutigen Zeit, dass sie keine personale
Liebe mehr kennt. Personale Liebe ist immer stärker am Schwinden. Und
deshalb betonen wir die Weihe an die Person der lieben Gottesmutter als
Ausdruck der Hingabe an die lebendige Person des dreifaltigen Gottes.
Wer das versteht, der ahnt abermals, was für ein Reformprogramm hier
vor uns steht; der bittet die Gottesmutter: Entzünde doch in mir die
Liebe, die Liebe zu dir, die Liebe zu dir als dem Feuerbrand der Liebe,
aber auch die Liebe zu dir als einer Persönlichkeit, um auf diese Weise
total der unendlichen Liebe und der Persönlichkeit des ewigen Gottes
hingegeben zu sein, damit ich all das rein Ideologische, das bloße
Hängen an Ideen überwinde und deswegen innerlich umgeformt werde.
Damit bin ich aber noch nicht am Ende. Das Herz Mariä ist ein
ungebrochenes Herz, ungebrochen, weil ohne Erbsünde. Nun ist es verklärt
dort oben im Himmel. Ein glühend warmes Herz, Feuerbrand der Liebe, wie
wir uns das gar nicht vorstellen können.
Jetzt hebe ich einen
anderen Ausdruck hervor, der ganz zweifellos von der lieben
Gottesmutter gemeint ist: Das Herz der Gottesmutter ist ein geordnetes
Herz. Ein unbeflecktes Herz ist ein geordnetes Herz. Was haben wir vor
uns im Herzen der lieben Gottesmutter? Den Mikrokosmos einer endlos
durchgegliederten lebendigen Ordnung, die die Gottesmutter dem
Makrokosmos, der ganzen Welt wieder schenken will. Ein geordnetes Herz.
Die Welt ist in Unordnung, und zwar sehr; alles ist am Zerbrechen,
heillos am Zerbrechen. Das Herz der Gottesmutter ist in Ordnung, und
zwar in einzigartiger Weise. Wenn ich mich dem unbefleckten Herzen der
Gottesmutter schenke, dann schenke ich mich der inkarnierten Ordnung,
dann schenke ich mich einem Inkarnierten Mikrokosmos der Ordnung. Und
die Wirkung muss sein: Mein Herz kommt auch in Ordnung. Und die Wirkung
davon muss sein: Von meinem geordneten Herzen aus kommt meine Umgebung
in Ordnung. Wenn ich einer Gemeinschaft angehöre, wird meine
Gemeinschaft dadurch geordnet. Wenn ich einer Gemeinschaft angehöre,
auch einer katholischen Familie, wie sieht hier in der Familie die
Inkarnation der friedvollen Mikrokosmen der Ordnung aus? Das müsste
unsere Marienverehrung, unsere Frömmigkeit erreichen; nicht dass wir
beieinander leben wie Katzen und Hunde – alles durcheinander. Bei der
Gottesmutter ist die Liebe geordnet in allen Verzweigungen. Welch einen
tiefen Sinn hat deshalb die Weihe an das unbefleckte Herz der lieben
Gottesmutter!
Liebe Dreimal Wunderbare Mutter und Königin von
Schönstatt! Mach uns zu dreimal wunderbaren Kindern einer immerwährenden
göttlichen Freude und eines menschlichen Weinens, verbunden mit dem
göttlichen Lächeln. Amen.