Unter den deutschen Marien-Wallfahrtsorten trägt die Wallfahrtskirche in Zell am Harmersbach allein die Bezeichnung „Maria zu den Ketten“. Diese Beifügung klingt seltsam. Viele werden fragen, welche Überlieferung diesem Namen zugrundeliegt. Die alte Legende berichtet:
Ein frommer Schmiedegeselle aus Schuttern, der in Zell sein Handwerk ausübte und ein fleißiger Besucher der Marienkapelle war, geriet zur Zeit der Kreuzzüge (1064 bis 1270) in die Gefangenschaft der Türken. Gefesselt wurde er nach Jerusalem gebracht und von dort nach Babylon. In seiner Verzweiflung flehte er zur Gottesmutter, die er im alten Gnadenort Zell verehrt hatte, und versprach, seine Ketten am Gnadenbild aufzuhängen, sollte er je wieder befreit werden und in die Heimat zurückkehren können. Der fromme Schmied wurde frei und kehrte unversehrt heim. Die Legende erzählt, daß die Ketten von seinen Händen und Füßen fielen und ein weißes Pferd zum Ritt in die Heimat bereitstand. In einer Prozession, bei der ihn seine Landsleute begleiteten, zog der glückliche Heimkehrer von Schuttern nach Zell zum Gnadenbild, wo er sein Versprechen einlöste. Seit jenen Tagen hängen Ketten in der Kirche. Es ergab sich die Bezeichnung: „Wir gehen zu Maria von den Ketten.“
Doch noch ein weiteres Ereignis um diese Ketten läßt aufhorchen: Im Dreißigjährigen Krieg, als die Schweden nach Zell kamen, gab ein schwedischer Oberst einem Zeller Schmied den Befehl, die Ketten, deren Verehrung ihm unverständlich war, umzuschmieden in Hufeisen für seine Pferde. Der Plan gelang nicht: die Ketten entschwanden während des Schmiedens und fanden sich an ihrem angestammten Platz in der Kirche wieder ein. Zahlreiche Zeugen bestätigten diesen Vorgang beim Rat der Stadt Zell in einem Protokoll.
Im Jahr 1643 zerstörten die Schweden die Stadtkirche und auch die Kirche in Gengenbach, die Wallfahrtskirche indessen verschonten sie.
In dem großen Deckengemälde der Kirche sind beide Begebenheiten mit den Ketten dargestellt.