christlichen Dörfern in der Ninive-Ebene, die vor der militärischen
Offensive der sunnitischen Aufständischen unter Leitung des “Islamischen
Staats in Irak und Levante” flohen, hat die Ausmaße einer humanitären
Krise angenommen. Kritisch ist die Lage in Erbil, der Hauptstadt der
autonomen Region Irakischer Kurdistan, wo internationale
Hilfsorganisationen und christliche Gemeinden zu helfen versuchen.
“Derzeit”, so der UNICEF-Vertreter im Irak, Marzio Babille, “wurden
alleine in Erbil rund 8.000 Vertriebenen aus der Ninive-Ebene in
öffentlichen oder gemeinschaftlichen Strukturen untergebracht, die in 19
Aufnahmezentren untergebracht wurden, von denen sich die meisten in dem
mehrheitlich von Christen bewohnten Vorort Ankawa befinden. Die Ersten
die hier ankamen waren terrorisiert, nachdem ihre Stadt mit Mörsern
angegriffen worden war. Als UNICEF versorgten wir die Menschen von
Anfang an mit Hilfsgütern und ließen zwei Zentren für Kinder einrichten,
in denen unsere Mitarbeiter täglich über 700 Kinder versorgen”.
Nach Einschätzung von Babille wurden zumindest in Erbil die humanitären
Hilfen zeitgerecht auf den Weg gebracht, wobei die Koordinierung
zwischen kirchlichen und zivilen Einrichtungen gut funktioniert. Der
UNICEF-Verantwortliche im Irak vermutet einen politischen Plan hinter
der Offensive der sunnitischen Aufständischen und den davon ausgelösten
Reaktionen. “Die angegriffenen Gebiete”, so Babille, “werden von
ethnischen und religiösen Minderheiten ‘gesäubert’. Es sind nicht nur
Christen, sondern auch Turkmenen betroffen, die aus dem Südosten des
Irakischen Kurdistan fliehen mussten und auch in Kirkuk Zielscheibe
gezielter Angriffe wurden. Es ist offensichtlich, dass die Region neu
gestaltet und in ‘Gebiete’ aufgeteilt werden soll, wo die verschiedenen
Gruppen leben sollen und wo nicht. Wenn es so weiter geht, dann wird in
diesem Land das Zusammenleben verschiedener Identitäten nicht mehr
möglich sein. Und die Christen gehören zu den ersten Opfern dieser
Entwicklung”.
In den nächsten Tagen soll eine UNICEF-Spedition in die Region Sinjar an
der Grenze zu Syrien vordringen, wo sich 70.000 vertriebenen Turkmenen,
Christen und Schiiten, die insbesondere aus dem Bezirk Tal Afar vor der
Offensive der ISIL fliehen mussten, aufhalten. “Auf der Grundlage der
uns zur Verfügung stehenden Informationen”, so Babille “schätzen wir,
dass sich unter diesen Flüchtlingen bis zu 30.000 Kinder und Jugendliche
befinden”. (GV)