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Große Krippenausstellung in der Klosterkirche Lilienthal

Wie Weihnachten in anderen Teilen der Welt gefeiert wird, lassen Weihnachtskrippen ahnen. In rund 30 Jahren hat Elisabeth Scheffler 250 Exemplare zusammengetragen – aus Afrika, Lateinamerika und Europa. Vom 1. Dezember bis zum 16. Dezember zeigt sie einen Teil der Sammlung in der Klosterkirche.

Lilienthal. Er trägt eine peruanische Wollmütze, seine Haut ist schwarz. Mal bringen ihm Fischer eine Robbe als Geburtsgabe dar, und mal sind es Menschen in niedersächsischen Trachten, die an seiner Krippe beten. Christen in aller Welt feiern zu Weihnachten die Geburt Jesu. „Gott wird Mensch“ lautet die Botschaft des Festes. In der Klosterkirche zeigt Elisabeth Scheffler in ihrer Krippen-Ausstellung: „Gott wird Indio, Afrikaner, Philippino oder Europäer …“. Ellenlang bis Fingernagel groß sind die Figuren, und sie erzählen auch davon, wie Christentum und Volkskünste miteinander verschmolzen sind.

Seit ein paar Tagen sieht es in der Klosterkirche wie bei einem Umzug aus. Kisten, Koffer und Kartons stehen herum. Geschlossen oder schon aufgeklappt und ihres Inhalts entledigt. Schnüre und Papier liegen in den Kirchenbänken verteilt, und auf den Tischen entlang der Kirchenwände entstehen Weihnachtswelten mit geschnitzten, getöpferten, genähten, geklebten, aus Glas gezogenen, aus Bronze gegossenen oder aus Blättern gewundenen Figuren samt Zubehör. Einige Krippen nehmen mit Stall und Figuren den halben Tisch ein. Andere passen in die Hosentasche.

Egal woher sie stammen, alle erzählen mehr als nur von der Geburt Jesu. Sie erzählen von der Hingabe der Menschen, die sie fertigten und von deren Kulturen. Etwa, wenn die heilige Familie in Peru getöpfert und mit dem Labyrinthmuster der Shipibo-Indianer bemalt wurde. Oder, davon ist Scheffler fasziniert, wenn der Heiland aus Heilpflanzen gebunden ist.

Seit rund 30 Jahren sammelt Elisabeth Scheffler Krippen, und lachend sagt sie über den Anfang: „Es gab einen krippalen Infekt.“ Seinerzeit half sie einer anderen Sammlerin beim Ausstellungsaufbau, und die Leidenschaft steckte an. Als Ergotherapeutin schätzt Scheffler zudem von Hand Geschaffenes, und alle ihre Krippenfiguren bearbeiteten Menschen mit ihren Händen. „Das ist Glauben zum Anfassen“, schwärmt sie. „Das kommt von Herzen.“ Etwa die polnischen Krippen. „Echte naive Kunst“ nennt Elisabeth Scheffler diese, egal, ob aus groben Holzscheiten geschnitzt, zweigeschossig mit Herodes-Spiel oder aus glänzendem Bonbonpapier.

Am ersten Donnerstag im Dezember gebe es dafür in Krakau einen Wettbewerb, erzählt Scheffler. Sie sammelt nicht nur die Krippen. Sie interessiert sich auch für die Weihnachtsbräuche der jeweiligen Regionen.

Überhaupt: Zu jeder Krippe hat sie eine kleine Geschichte parat. Wie vor einem Arrangement aus Mexiko, dessen Markenzeichen langhalsige Menschen sind. Da erzählt sie, wie der Künstler sich für diese langen Hälse anfangs von seinem Onkel Ohrfeigen eingehandelt hatte. Warum er sie so fertigt, kann auch Scheffler nicht erklären. Schmunzelnd, vermutet sie: „Vielleicht stand ein Lama Vorbild.“

Rund 250 Krippen besitzt Elisabeth Scheffler inzwischen, und nicht allen bietet die Klosterkirche Platz. Einige der Herkunftsländer hat Scheffler selbst bereist, etwa Polen, Brasilien oder Estland. Dort erstand sie in Tallin eine Figurengruppe: Keramikmenschen mit einem Blick, der zu Herzen geht und mit einem Jesuskind, das dem Begriff „seliges Lächeln“ ein Gesicht verleiht.

Andere Krippen fand Elisabeth Scheffler in Eine-Welt-Läden oder bekam sie geschenkt. Steht irgendwo eine Krippe, schaut sie natürlich hin und begründet: „Für mich ist es eine große Freude zu sehen, wie in anderen Ländern Weihnachten dargestellt wird.“ Bei der Krippen-Qualität sei sie aber inzwischen wählerischer geworden. Das hat teilweise seinen Preis. Fröhlich erzählt Scheffler: Die große „Harzer Krippe“ mit dem geschnitzten Bergwerksleben, wie es vor 120 Jahren war, habe sie sich „zusammengewünscht“.

Jede Figur der Ausstellung trägt eine Registriernummer. Auf Karteikarten und in Kladden erfasst Elisabeth Scheffler seit 1982 jedes Teil ihrer Sammlung. Über das Jahr schlummert diese in 35 Umzugskartons. Neben der Sammlung von 1500 Ostereiern aus aller Welt. In der Vorweihnachtszeit sind Elisabeth Scheffler und ihre Krippen begehrt. Zwei bis drei Ausstellungen bestückt sie pro Advent und ist auf Jahre verplant. Umso mehr freut sich Pastorin Birgitt Pusch-Heidrich, die Freundin nun mit „Krippen aus aller Welt“ in der Klosterkirche begrüßen zu können – Schefflers 25. Krippenausstellung.

Eine Woche brauchen Elisabeth Scheffler und ihre drei Helfer für den Aufbau solch einer Ausstellung. Liebevoll betten sie die Ensembles auf Heu, Stroh oder Moos. An Kiefernzweigen hängen Zulu-Engel aus Südafrika: schwarz und mit Flügeln aus aufgefädelten Perlen. Die ebenfalls dunkelhäutige Heilige Familie daneben trägt Perlengewänder mit afrikanischen Mustern. Andere Krippen stammen aus Äthiopien, Ghana, Ruanda oder Nigeria.

Elisabeth Scheffler nimmt einen der Engel mit demütig versteckten Flügeln in die Hand und betrachtet sein Gesicht. Liebevoll sagt sie: „Jesus war ein Afrikaner, das sieht man doch.“ Ausstellungseröffnung mit Elisabeth Scheffler ist morgen, 1. Dezember, ab 16 Uhr. Zu sehen sind die Krippen bis 16. Dezember mittwochs, sonnabends und sonntags von 15 bis 18 Uhr sowie im Anschluss an die Andachten.


Quelle: Weser-Kurier vom 30. November 2012

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