Es ist wahrhaftig eine allzu unnatürliche Täuschung, absichtlich diesen Übergang, den Tod, zu vergessen, weil die Natur keinen von seiner Notwendigkeit ausnimmt. Deshalb richtet der kluge Mensch jeden Tag so ein, als wäre er der letzte seins Lebens, das nur eine ständige Bereitschaft sein soll, diesen Übergang zu erleichtern.
Als ihn der große Fürst (Philipp Emmanuel von Lothringen) nahe bevorstehen sah, bereitete es ihm keine große Schwierigkeit, sich dazu zu entschließen und sich vollständig zu ergeben, denn da er nicht wußte, wo ihn diese Stunde erwartete, erwartete er sie überall. Und als er sie nahe bevorstehen sah, sagte er: Wohlan, mein Gott, sei ewig gepriesen auf Erden wie im Himmel. Durch deine große Barmherzigkeit bin ich am Ende dieses sterblichen Lebens angelangt; deine Allgüte will nicht, daß ich noch länger in so vielen Trübsalen bleibe. Kaum erblickte er das allerheiligste Sakrament, das ihm sein Beichtvater brachte, warf er sich zu Boden, mit dem Worten: „Mehr vom Glauben als vom Leben.“ Er betete seinen Erlöser unter Tränen an, mit andächtigen Worten und frommen Regungen, er bot ihm seine Seele dar und weihte ihm sein Herz, dann empfing er ihn mit aller Demut und mit der Glut, die ihm sein großer Glaube bei dieser Gelegenheit seiner letzten Reise eingeben konnte. Er lebte noch bis zum dreizehnten Tag, an dem er seinen Geist aufgab und ihn im Frieden seinem Gott zurückgab, unmittelbar nachdem er die heiligen Worte ausgesprochen hatte: In deine Hände, Herr, empfehle ich meinen Geist, du hast mich erlöst, Herr, Gott der Wahrheit (Ps 31,6).
Quelle: Jeden Tag mit Franz von Sales – Herbert Winklehner (Hg.) – Franz-Sales-Verlag, 1997 – Eichstätt. – Seite: 337.