Kompromissfähigkeit gehört zu den wesentlichen Fähigkeiten in der Politik. Ohne sie ist keine Koalitionsbildung, kein menschliches Zusammenleben möglich. Und daher ist sie eine Schlüsselqualifikation in einer modernen Gesellschaft. Aber was im Staat und in der Gesellschaft notwendig ist, muss in Glaube und Kirche nicht richtig sein.
„Jesus Christus kennt keine Kompromisslösungen. Er will alles oder nichts“, dieser Satz ist von der hl. Margareta Maria Alacoque überliefert, auf deren Visionen zwischen 1673 und 1675 die Erneuerung der Herz-Jesu-Verehrung zurückgeht, die die Kirche schon seit dem frühen Mittelalter kannte. Ergänzt wurde sie hierbei um den Gedanken der Sühne und den häufigeren Kommunionempfang. Durch die Volksmissionen der Jesuiten gefordert wurde die Herz-JesuFrömmigkeit schließlich zur katholischen Antwort in der Auseinandersetzung mit der Aufklärung. Dies fand 1856 seinen Höhepunkt mit der Einführung des Hochfestes des Heiligsten Herzens Jesu durch Papst Pius IX. Als Datum legte er den dritten Freitag nach Pfingsten und damit den Oktavtag von Fronleichnam fest. Ausdruck der tiefen Verbindung dieser beiden Feste – als nämlich die Seite Jesu am Kreuz von der Lanze geöffnet wurde, flossen Blut und Wasser hervor (Joh 19,34). Seit alters her wird hierin ein Sinnbild für die Taufe und die Eucharistie und daher das Herz Jesu als Ursprung der Kirche gesehen, denn durch die Taufe werden wir in die Kirche eingefügt und durch die Eucharistie in der Kirche immer neu für unseren Lebensweg gestärkt. Aber auch alle andere Sakramente erhalten vom Heiligsten Herzen Jesu, dem Feuerherd der göttlichen Liebe ihre lebensspendende Kraft. Da das Hochfest fast immer in den Juni fällt, wird dieser auch als Herz-JesuMonat bezeichnet, in dem wir besonders eingeladen sind, im Herzen Jesu die unendliche Liebe Gottes zu betrachten, der sich in seinem Sohn ganz für uns hingegeben hat.
Jesus Christus hat keinen Mittelweg gesucht, sondern ist den Weg des Kreuzes für uns gegangen, den Weg der Selbstaufopferung. Er gibt alles, er gibt sich selbst. Und wie er alles für uns gegeben hat, so will er auch von uns „alles oder nichts“. Denn er „kennt keine Kompromisslösungen“.
Seine Liebe soll unser ganzes Leben prägen. Christsein ist ja nicht eine Sache für Sonn- und Feiertage, sondern für den Alltag. Und so empfahl die hl. Margareta Maria „in die Liebe des Herzens Jesu einzutauchen“ und die Eucharistie nicht bloß in der Messe mitzuvollziehen, sondern in das ganze Leben einzubeziehen. Man könnte sagen, dass wir die Eucharistie nicht nur empfangen, sondern leben sollen. Durch unsere Beziehung zu Christus und durch seine Liebe gestärkt soll unser ganzes Leben zu einer beständigen Danksagung werden, zu einem lebendigen und tatkräftigen Zeugnis, das Gottes unendliche Liebe in der Welt sichtbar macht.
P. Jörg Weinbach OT
(Kirchenrektor)
Quelle: Gottesdienstordnung für den Monat Juni 2021 der Deutschordenskirche, Frankfurt am Main.