Giuseppa und Grazio Forgione sahen in den ersten Monaten des Jahres 1898 die besonderen Gaben ihres Sohnes und suchten für den kleinen Francesco einen Lehrer. Pater Domenico Tizzano, ein ortsansässiger Lehrer, unterrichtete ihn und legte damit den Grundstein für die spirituelle Erziehung von Pater Pio. Er hatte bereits seit seiner Kindheit den Wunsch, sein Leben ganz Gott zu weihen.
Am 6. Januar 1903, zwei Jahre nach einer Begegnung mit Pater Camillo von Sant’Elia in Pianisi, begab sich Francesco zum Kloster Morcone. Er wurde von Pater Camillo empfangen.
Morcone ist ein kleiner Ort am Fuße des Monte Mucre, im Benevent, Region Kampanien in Italien. Die Kapuziner ließen sich hier am 17. Mai 1603 nieder, als das Kreuz für den Bau des Klosters errichtet wurde. Junge Männer, die Mönch werden wollten, wurden hierher geschickt. Hier wurden sie in das brüderliche und monastische Leben nach dem Charisma der Kapuziner eingeführt.
Vor mehr als 800 Jahren (im Jahr 1223) wurde die endgültige Regel des heiligen Franziskus von Assisi von Papst Honorius III. bestätigt. Im zweiten Kapitel dieser Regel nimmt Franziskus als Überschrift: „Von denen, die dieses Leben annehmen wollen und wie sie aufgenommen werden sollen.„ Es lautet: „Sie sollen auf den katholischen Glauben und die Sakramente geprüft werden. […] Dann sollen ihnen die Minister das Wort des Evangeliums sagen, dass sie all das Ihrige verkaufen sollen. […] Danach sollen sie ihnen die Kleidung für die Probezeit gewähren.“
So legte Francesco am 22. Januar 1903 die „panni di probazione“ an, übersetzt „Kleidung für die Probezeit“. Dieser Akt der Einkleidung, das Anlegen des Habits, war sein Eintritt in den geistlichen Weg des Noviziats, in dem er die Kapuzinerregel—die Regel des heiligen Franziskus von Assisi—annahm und seinen Ordensnamen „Fra Pio di Pietrelcina“ bekam. Der junge Bruder Pio erkannte, dass das Kloster der beste Ort war, um dem Herrn zu dienen, „unter dem Banner des Poverello von Assisi“. Hier bat der junge Mönch Jesus demütig um die Gnade, „ein Sohn, geringer als der heilige Franziskus, zu sein“. Er machte sich von der Welt, seiner Familie und seiner Heimat Pietrelcina los und folgte seiner Berufung.
Sein Noviziat war nicht einfach. Fra Pio weinte viel und beichtete häufig. Er hatte mystische Visionen und ergab sich ganz dem Gehorsam. Einmal kniete er zwei Stunden vor dem Zimmer seines Novizenmeisters, der nicht auf das Klopfen reagiert hatte. Erst ein Mitbruder konnte Fra Pio davon abbringen am kalten Wintertag noch länger vor der Tür zu bleiben und brachte den frierenden Bruder zum Kamin.
Es blieb nicht bei inneren seelischen Kämpfen des jungen Kapuziners. Der Teufel suchte ihn heim und wollte ihn vom Weg der Heiligkeit abbringen. Bis zu seinem Lebensende musste Pater Pio härteste Stunden der Anfechtungen, Versuchungen und Kämpfe durchstehen. Der Teufel konnte ihn nicht besiegen.
So begann der besondere Weg, den Gott für diesen Mann geplant hatte.
In der Beschreibung von Pater Pios Leben auf vatican.va steht: Pater Pio lebte in vollendeter Gottes- und Nächstenliebe seine Berufung, um zur Rettung des Menschen beizutragen. Diese sein ganzes Leben kennzeichnende besondere Sendung verwirklichte er durch die geistliche Begleitung der Gläubigen, durch die sakramentale Versöhnung der Reumütigen und durch die Feier der Eucharistie. Der Höhepunkt seiner apostolischen Tätigkeit war dann erreicht, wenn er die heilige Messe zelebrierte. Die Gläubigen, die daran teilnahmen, spürten die Tiefe und Fülle seiner Spiritualität. […]
Leben bedeutete für Pater Pio zugleich glauben. All sein Wollen und all sein Tun standen im Licht des Glaubens. Er betete unablässig. Den ganzen Tag und einen Großteil der Nacht verbrachte er im Gespräch mit Gott. Er pflegte zu sagen: »In den Büchern suchen wir Gott, im Gebet finden wir ihn. Das Gebet ist der Schlüssel zum Herzen Gottes.« Der Glaube bewog ihn, dem geheimnisvollen Willen Gottes immer zuzustimmen.
Eingetaucht in die übernatürlichen Wirklichkeiten, war er nicht nur ein Mensch voller Hoffnung, der seine ganze Zuversicht auf Gott setzte, sondern er vermittelte diese Tugenden allen, die ihn aufsuchten. Er tat dies durch sein Wort und Beispiel. […]
Er liebte den Nächsten bis zur Vollendung, indem er mehr als fünfzig Jahre lang unzähligen Menschen, die um seinen Dienst baten und seinen Beichtstuhl aufsuchten, durch Rat und Trost beistand. Es war fast eine Belagerung. Sie suchten ihn in der Kirche, in der Sakristei und im Kloster auf. Und er schenkte sich allen, indem er Glauben weckte, Gnaden austeilte und Erleuchtung brachte. Er sah vor allem in den Armen, Leidenden und Kranken das Bild Christi und schenkte ihnen besondere Aufmerksamkeit und Zuwendung.
In vorbildlicher Weise übte er die Tugend der Klugheit; er handelte und erteilte seinen Rat im Licht Gottes. Sein Ziel war der Lobpreis Gottes und das Heil der Menschen. Er behandelte alle gerecht, aufrichtig und voller Achtung.
In ihm erstrahlte die Tugend der Tapferkeit. Er begriff sehr bald, daß sein Weg ein Kreuzweg werden sollte, den er sogleich mutig und voll Liebe annahm. Viele Jahre hindurch hatte er seelisch schwer zu leiden. Jahrelang ertrug er die Schmerzen seiner Wunden mit bewundernswerter Gelassenheit. […]
Im Bewußtsein der mit dem geweihten Leben übernommenen Verpflichtungen beobachtete er hochherzig die Ordensgelübde. Er befolgte in allem gehorsam die Anweisungen seiner Oberen, auch wenn sie eine schwere Last bedeuteten. Sein Gehorsam war übernatürlich ausgerichtet, allumfassend angelegt und ganzheitlich gelebt. Er übte die Armut durch das totale Loslassen seiner Selbst, der irdischen Güter, der Bequemlichkeiten und Ehrungen. Er hatte immer eine ganz besondere Vorliebe für die Tugend der Keuschheit. Sein Betragen war überall und allen gegenüber bescheiden.
Er hielt sich für unnütz und der Gaben Gottes unwürdig; er glaubte von sich, voll von Gebrechlichkeiten, aber gleichzeitig mit göttlichen Gnadenerweisen überschüttet zu sein. Bei aller Bewunderung seitens der Welt wiederholte er: »Ich möchte nur ein einfacher Bruder sein, der betet«.
Ein Mann, der Gott nah war, nicht verweltlicht, sondern heiligmäßig lebte und wohl darum schon zu Lebzeiten so viele Wunder und Gebetserhörungen erlangte.
Noch immer ist er ein großer Heiliger für uns. Er erinnert uns durch sein Vorbild daran, dass auch wir, in der Welt lebend, nicht verweltlichen sollen, sondern nah bei Gott bleiben können.
Lieber heiliger Pater Pio, bitte für uns!