Die betrachtende Lesung ist eine geistliche Lesung, mit Betrachtung verbunden. Eifrige, nach Vollkommenheit
strebende Seelen machen täglich eine kurze geistliche Lesung. Wer sie nicht täglich machen kann, macht sie so oft, als es ihm
möglich ist.
Am Sonntag ist es wohl jedermann möglich, eine geistliche Lesung zu machen.
Das Erste bei der betrachtenden Lesung ist, daß man sich sammelt und in die Gegenwart Gottes versetzt wie vor jedem
Gebet. Man liest langsam, Wort für Wort, macht nach jedem geschriebenen Gedanken oder sogar nach wichtigen Worten eine
Pause und denkt über das Gelesene nach. Man läßt das Gelesene auf die Seele wirken.
Der Verstand überlegt, das Herz wird erfaßt, der Wille erweckt Affekte der Bewunderung, des Glaubens, der Hoffnung
und Liebe, der Reue, des Vorsatzes usw. Wird die Seele bei einem Wort oder bei einem Satz besonders erfaßt und getröstet
und aufgemuntert, dann verharrt man so lange in der Unterbrechung der Lektüre, als der Geist sich mit dem vorliegenden
Gedanken beschäftigt. Dabei betet man Gott an, dankt ihm für seine Gnade, bittet ihn um Verzeihung und um die nötigen
Gnaden für Leib und Seele. Man läßt die Seele ruhig erwägen und beten, wie es ihr am besten paßt.
Wenn die Phantasie uns zerstreut, so führen wir sie immer wieder zum Gegenstand der Lektüre zurück. Die Zerstreuung oder
Trockenheit darf uns nicht entmutigen. Geht es anfangs nicht so gut, wie wir wünschen, so anerkennen wir demütig vor Gott
unsere Armseligkeit und bitten um göttliche Hilfe. Geht es gut, dann danken wir Gott für den Beistand. Am Schlusse der
betrachtenden Lesung verrichtet man noch ein Gebet. Die auf solche Weise angestellte betrachtende Lesung ist der beste Weg,
um in das betrachtende Gebet eingeführt zu werden.
Tagesheilige: Hl. Ida von Toggenburg, +1226. Das Leben dieser bekannten Heiligen zeigt uns, wie Gott immer wunderbar für
seine Gerechten wacht, und wie trotz aller Verleumdungen die Wahrheit schließlich doch wieder obenauf kommt. – Darum wollen
wir uns nicht zu sehr kränken ob dem Gerede der Leute. Sorgen wir für ein gutes Gewissen, und ein großer Friede in unserer
Seele wird der Lohn sein.
Nachfolge Christi, 1.B. 6.K.:
„Gott redet zu uns in mannigfacher Weise ohne Ansehen der Person!“
Versetze dich in Gottes Gegenwart!