Während der jährlichen Prozessionen im Juli
Eingebettet in die fruchtbare Landschaft Siziliens, nur wenige Schritte von der Stadt Mazara del Vallo entfernt, findet man das Heiligtum der Madonna del Paradiso – ein Ort tiefer Spiritualität und faszinierender Geschichte. Geprägt von Frömmigkeit und wundersamen Zeugnissen lädt dieses Heiligtum Pilger und Besucher zu einer Erfahrung der Devotion und inneren Einkehr ein.
Ursprünge und Wiederaufbau: Ein durch den Glauben erneuertes Heiligtum
Die Geschichte des Heiligtums reicht bis ins Jahr 1474 zurück, doch das heutige Gebäude ist das Ergebnis eines Wiederaufbaus im Jahr 1808, beauftragt von Bischof Monsignore Orazio La Torre. Sein Ziel war es, der wundertätigen Darstellung, die ursprünglich im Sakellum des Heiligen Hauses aufbewahrt wurde, eine würdige Heimat zu geben. Zuvor stand an derselben Stelle – „Cannamila“ genannt, ein Name, der an die Süße des Holzes erinnert – eine kleine Kirche, die seit 1515 den Dominikanern anvertraut war und der Jungfrau Maria vom Rosenkranz geweiht war.
Mit der tatkräftigen Unterstützung der örtlichen Gemeinde begann Bischof La Torre ein ehrgeiziges Restaurierungs- und Erweiterungsprojekt. Eine größere Kapelle, vier seitliche Altarnischen und ein großes Gewölbe wurden hinzugefügt, und so wurde aus der bescheidenen Kirche ein Heiligtum, das immer mehr Gläubige aufnehmen konnte. Am 8. März 1807 übergab der Bischof die neue Kirche feierlich der Obhut der Seligen Jungfrau Maria vom Paradies – der Beginn einer neuen Ära der Verehrung.
Die wundertätige Ikone: Ein Blick zum Himmel, ein Herz das schlägt
Das Herzstück des Heiligtums ist das wundertätige Bild der Madonna del Paradiso, ein Gemälde aus dem 18. Jahrhundert, das dem neapolitanischen Künstler Sebastiano Conca zugeschrieben wird. Es zeigt die Jungfrau Maria in mystischer Ekstase, im Dreiviertelprofil dargestellt, in weißen und blauen Gewändern gehüllt. Ihr Haupt ist mit zwölf Sternen gekrönt – Symbol ihrer Königswürde und Unbefleckten Empfängnis. Die Hände sind sanft über der Brust gekreuzt, während ihre himmelwärts gerichteten Augen und die leicht geöffneten Lippen eine tiefe Verbundenheit mit dem Göttlichen ausdrücken.
Das Augenwunder: Zeugnisse von Gnade und Glauben
Der Ruhm des Heiligtums ist untrennbar mit dem „Augenwunder“ der Jungfrau verbunden. Am 3. November 1797 wurde Vito Fileccia aus Mazara Zeuge eines außergewöhnlichen Ereignisses: Das Bild der Unbefleckten Jungfrau bewegte ihre Augen. Dieses Wunder wiederholte sich mehrmals, unter anderem in Anwesenheit von Bischof Orazio La Torre und über 160 weiteren Zeugen.
Andere Gläubige berichteten von ähnlichen Ereignissen in den Jahren 1807, 1810, 1842 und sogar 1981. Die Augen der Madonna schienen sich zu öffnen und zu schließen und dabei eine unendliche Zärtlichkeit auszustrahlen, die die Anwesenden tief berührte. Diese dokumentierten Zeugnisse stärkten Glauben und Verehrung nachhaltig.
Anerkennung und Titel: Ein Heiligtum im Herzen der Kirche
Im Laufe der Jahrhunderte erhielt das Heiligtum bedeutende kirchliche Anerkennung. 1962 ernannte Papst Johannes XXIII. die Madonna del Paradiso zur Mitpatronin von Mazara del Vallo. 1978 erhob Bischof Costantino Trapani die Kirche zum diözesanen Marienheiligtum – ein Zeichen ihrer Bedeutung für die gesamte Diözese.
Schätze der Hingabe: Ex-Votos als Zeichen empfangener Gnaden
Wie viele Marienheiligtümer beherbergt auch dieses zahlreiche Ex-Votos – Weihegaben der Gläubigen als Dank für erlebte Gnaden. Diese Objekte, meist von emotionalem statt materiellem Wert, sind greifbare Zeugnisse von Frömmigkeit und persönlichen Glaubenserfahrungen.
Ein Ort des Friedens und der Einkehr
Das Heiligtum der Madonna del Paradiso ist nicht nur ein Ort des Gebets, sondern auch eine Oase des Friedens und der Erneuerung. Seine Geschichte, voll von Glauben, Wundern und Frömmigkeit, berührt bis heute noch die Herzen aller Pilger die Trost und Segen suchen.
Gebet zur Madonna del Paradiso von Mazara del Vallo
O Jungfrau des Paradieses, blicke auf uns und zeige uns mit deinen wunderbaren Augen, wohin wir unseren Blick richten sollen, so wie du es mit unseren Vätern im Glauben getan hast.
Du, die du der Weg warst, den Gott zuerst ging, um uns durch die Menschwerdung zu erreichen, bist auch der Weg, den die Kirche im Lauf der Zeit gehen soll, um ihren Gott zu finden.
Du bist der Weg, den Gott gewählt hat, um das Paradies auf die Erde zu bringen und die Erde ins Paradies zu führen. Du bist diejenige, in der Schöpfer und Geschöpf untrennbar vereint sind. Du kennst die Richtung, in die der Christ seinen Blick wenden soll, um den Blick Gottes zu treffen.
Sieh uns wieder an, o Unbefleckte Jungfrau Maria, damit wir in der Schönheit deines Blickes den geheimnisvollen Willen Gottes verstehen.
Deine Geschichte beginnt mit der Fähigkeit, das ewige Wort zu hören und aufzunehmen – du bist zuerst Jüngerin, dann Mutter und schließlich wieder Jüngerin. Übermittle uns deine Erfahrung und hilf uns, im fleischgewordenen Wort Gottes zu leben, um es mit allen zu teilen, die ihrem Leben neuen Sinn geben wollen.
Schenke uns jene Weisheit und Einsicht, die wir brauchen, um das Gute vom Bösen zu unterscheiden. So wie du in Kana eingegriffen hast, greife auch in Mazara del Vallo ein und sage zu deinem Sohn: „Sie haben keinen Wein mehr“ (Joh 2,3) – sie haben keine Freude mehr daran, ihr Leben in der Logik der Liebe zu leben; sie haben keine Ruhe, kein Vertrauen, keine Harmonie im Miteinander.
Die Klage über den fehlenden Wein ist in deiner mütterlichen Liebe stets verbunden mit der Aufforderung an uns, zu tun, was Er uns sagt – denn nur wenn wir tun, was Er sagt, kann unsere Not des fehlenden Weins überwunden werden.
Sieh uns an mit Liebe, o Königin des Paradieses, du Heil der Kranken und Zuflucht der Sünder. Lass uns den Geschmack der Vergebung Gottes kosten. Hilf uns zu erfahren, dass Er uns
niemals nach unseren Sünden behandelt, sondern immer nach seiner Barmherzigkeit. Darum hat Er uns immer gesucht – und wird uns weiterhin suchen.
Möge die Täuschung, dass es uns fern von Ihm besser gehe, für alle der glücklichen Erfahrung weichen, sich geliebt und vergeben zu wissen – mehr, als man denken oder erahnen kann. Denn Er ist ein wahrhaft heiliger und gütiger Vater.
Trösterin der Betrübten, ohne deinen Blick sind wir verloren und fühlen uns verlassen.
Sieh uns an und lass dich ansehen, o Madonna des Paradieses. Denn in diesem Spiel der Blicke hat jeder von uns ein Geheimnis, das er dir anvertrauen möchte, eine Bitte um Fürsprache, ein Geständnis, einen Dank. Jeder von uns hat dir etwas Persönliches und Wichtiges zu sagen.
O Maria, du Pforte des Himmels und Morgenstern, begleite uns mit deinem Blick, damit wir Jesus sehen. Wie die Griechen einst zu dem Apostel Philippus sagten, so sagen wir heute zu dir: Wir wollen Jesus sehen! (Joh 12,21)
Wir wollen Jesus in deinen Augen und in deinem Schoß sehen, in deiner mütterlichen Liebe.
Wir wollen Jesus sehen in deiner Kirche von Mazara del Vallo, im Bischof Domenico, der in diesem Jahr an seine 50 Jahre priesterlichen Dienstes erinnert, in den Priestern, in den Ordensgemeinschaften; wir wollen Jesus sehen in den Alten und den Jungen, in den Kindern und ihren Eltern.
O Madonna del Paradiso, wir wollen Jesus in dieser Geschichte und in dieser Zeit sehen – in jedem Menschen, der mit uns Erde und Leben teilt.
Du, die du Erzieherin der entstehenden Kirche warst, lehre uns, Jesus in den Kranken und Schwachen, in den Armen, in den Migranten, in unseren Nachbarn – in allen Orten und Lebensbereichen – zu sehen.
Amen.